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Hundewissen einfach erklärt
30.09.2025 10:00

Ein kritischer Blick auf pflanzliche Fütterung beim Hund


Immer mehr Hundehalterinnen und Hundehalter beschäftigen sich mit pflanzlicher Fütterung – sei es aus gesundheitlichen Gründen oder aufgrund individueller Überzeugungen. 

Doch was ist biologisch tatsächlich vertretbar? 


Dieser Beitrag beleuchtet, was wissenschaftlich möglich ist, wo die Grenzen liegen und warum eine vegane Ernährung zwar funktionieren kann, aber nicht der natürlichen Ernährungsweise des Hundes entspricht.

[In der Blog-Übersicht wird hier ein Weiterlesen-Link angezeigt]

Zwischen Akzeptanz und Anpassung: Warum eine rein pflanzliche Hundeernährung Grenzen hat

Die Frage, ob Hunde vegan oder vegetarisch (ergo pflanzlich - herbivor) ernährt werden können, wird zunehmend diskutiert – insbesondere im Zusammenhang mit pathologischen Gründen wie Futtermittelallergien oder Unverträglichkeiten. 

Biologische Ausgangslage: Der Hund als fakultativer Karnivore

Der Hund stammt vom Wolf ab und ist biologisch als fakultativer Karnivore einzuordnen – also als Fleischfresser mit der Fähigkeit, auch pflanzliche Nahrung zu verwerten. 

Diese Anpassungsfähigkeit bedeutet jedoch nicht, dass pflanzliche Ernährung seiner natürlichen Physiologie entspricht. 

Die Verdauungsenzyme, das Gebiss, die Darmstruktur und der Nährstoffbedarf sind weiterhin primär auf tierische Bestandteile ausgerichtet.

Während der Hund biologisch als fakultativer Karnivore gilt, also ein Fleischfresser mit Anpassungsfähigkeit, zeigen neuere Studien, dass eine pflanzliche Ernährung unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. 

Entscheidend ist dabei nicht ein menschliches Ideal, sondern die ernährungsphysiologische Deckung der tatsächlichen Bedürfnisse des Hundes.

Studienlage: Was ist möglich?

Eine der bislang umfassendsten wissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Thema ist die systematische Übersichtsarbeit von Domínguez-Oliva et al. (2023), veröffentlicht im Fachjournal Veterinary Sciences. 

Die Autoren analysierten 16 Studien zur veganen und vegetarischen Ernährung von Hunden und Katzen. 

Ihr Fazit ist differenziert: Es gibt keine eindeutigen Hinweise auf gesundheitliche Schäden durch pflanzliche Ernährung bei Hunden, sofern das Futter korrekt formuliert und supplementiert ist¹. 

Gleichzeitig weisen sie darauf hin, dass die Studienlage insgesamt sehr schwach ist. Viele der untersuchten Arbeiten basieren auf Halterbefragungen, sind methodisch begrenzt und liefern keine belastbare Evidenz im klinischen Sinne¹.

Supplementierung als Voraussetzung

Für Hunde bedeutet das: Eine pflanzliche Ernährung kann funktionieren, wenn sie professionell geplant ist und alle essenziellen Nährstoffe – darunter Taurin, Vitamin B12, L-Carnitin und bestimmte Aminosäuren – gezielt ergänzt werden. 

Diese Nährstoffe werden in der Studie teilweise genannt (z. B. Taurin und B12), weitere stammen aus veterinärmedizinischer Fachliteratur². 

Infokasten: Wichtige Nährstoffe bei pflanzlicher Hundeernährung

– Taurin

– Vitamin B12

– L-Carnitin

– Methionin

– EPA/DHA (Omega-3)

Ohne Supplementierung besteht das Risiko von Mangelerscheinungen, die sich oft schleichend entwickeln und erst spät erkannt werden. 

Eine unausgewogene pflanzliche Ernährung ist daher nicht nur ungeeignet, sondern potenziell gesundheitsschädlich.

Die Diskussion um „artgerechte“ Ernährung bleibt dabei zentral. 

Artgerecht? Eine Frage der Definition

Artgerecht bedeutet, dass ein Tier mit dem, was ihm die Natur bietet, langfristig gesund leben kann – ohne künstliche Zusätze. Vegane und vegetarische Ernährung erfüllt dieses Kriterium nicht, da sie auf menschliche Intervention angewiesen ist. 

Die Ernährung des Hundes sollte sich daher nicht an menschlichen Idealen orientieren, sondern ausschließlich an seinen biologischen und physiologischen Bedürfnissen³.

„Was möglich ist, muss nicht automatisch richtig sein – besonders, wenn es um das Wohl eines Tieres geht.“

Fazit: Verantwortung vor Ideologie

Zusammenfassend lässt sich sagen: Vegane und vegetarische Hundeernährung ist möglich, aber nicht unkompliziert. 

Sie verlangt ein hohes Maß an Wissen, Verantwortung und die Bereitschaft, sich mit den biologischen Grundlagen auseinanderzusetzen. 

Wer diesen Weg aus pathologischen Gründen gehen muss, sollte sich nicht auf Eigenkreationen verlassen, sondern auf wissenschaftlich geprüfte, kommerzielle Produkte zurückgreifen – und idealerweise professionell begleiten lassen¹.

„Wer eine pflanzliche Ernährung in Erwägung zieht, sollte dies stets in enger Absprache mit einer Fachperson  (Tierarzt/Ernährungsassistent Hund, Ernährungsberatung für Hunde) tun.“

Herzlich, kritisch, hundeverliebt – eure Petra Puderbach-Wiesmeth  


Exkurs: Auch der Mensch muss supplementieren – und der Hund ebenso, aber anders

Der Mensch gilt biologisch als Omnivore – also als Allesfresser mit der Fähigkeit, sowohl pflanzliche als auch tierische Nahrung zu verwerten.

Diese Flexibilität wird oft als Argument für eine rein pflanzliche Ernährung herangezogen. 

Doch auch beim Menschen gilt: Eine vegane oder streng vegetarische Ernährung ist nicht von Natur aus vollständig, sondern muss gezielt ergänzt werden, um langfristig gesund zu bleiben.

Besonders kritisch sind dabei folgende Nährstoffe:

• Vitamin B12, das ausschließlich von Mikroorganismen produziert wird und natürlicherweise nur in tierischen Produkten vorkommt. Ein Mangel kann zu neurologischen Schäden und Blutbildveränderungen führen.

• Vitamin D, das zwar über Sonnenlicht synthetisiert werden kann, aber in pflanzlicher Nahrung kaum enthalten ist – besonders in nördlichen Breitengraden ist eine Supplementierung oft notwendig.

• Omega-3-Fettsäuren (EPA/DHA), die in pflanzlicher Form nur als Vorstufe (ALA) vorliegen und vom menschlichen Körper ineffizient umgewandelt werden.

• Eisen und Zink, die aus pflanzlichen Quellen schlechter aufgenommen werden als aus tierischen.

• Jod, dessen pflanzliche Versorgung stark von regionalen Böden abhängt.

• Kalzium, das bei veganer Ernährung gezielt über angereicherte Produkte oder bestimmte pflanzliche Quellen zugeführt werden muss.

Auch beim Hund sind einige dieser Nährstoffe kritisch – jedoch mit tierartspezifischen Unterschieden:

• Vitamin B12 ist für Hunde ebenso essenziell wie für Menschen. Da pflanzliche Quellen keine bioverfügbare Form liefern, muss es bei veganer Fütterung verbindlich supplementiert werden.

• Taurin kann vom Hund grundsätzlich selbst synthetisiert werden – aus den Aminosäuren Methionin und Cystein. Allerdings ist diese Syntheseleistung begrenzt und abhängig von der Qualität der aufgenommenen Proteine. Pflanzliche Eiweißquellen liefern diese Aminosäuren oft in unzureichender Menge oder schlechter Bioverfügbarkeit. 

Bei stark pflanzenbasierten Diäten – ob vegan oder vegetarisch – kann es bei empfindlichen Hunderassen wie Retriever oder Spaniel zu einem relativen Taurinmangel kommen, insbesondere bei unausgewogener Fütterung oder einem hohen Anteil an Leguminosen wie Erbsen, Linsen oder Bohnen. 

Taurinmangel gilt als möglicher Mitfaktor bei der Entstehung dilatativer Kardiomyopathie (DCM), weshalb eine gezielte Supplementierung und regelmäßige Blutkontrolle empfohlen wird.

Eine Supplementierung ist daher dringend angeraten.

• L-Carnitin, ebenfalls synthetisierbar, sollte bei pflanzlicher Ernährung ergänzt werden, da die Vorstufen in pflanzlicher Nahrung begrenzt sind.

• Omega-3-Fettsäuren (EPA/DHA) müssen beim Hund direkt supplementiert werden, da die Umwandlung von ALA aus pflanzlichen Quellen noch ineffizienter ist als beim Menschen.

• Eisen und Zink sind auch beim Hund aus pflanzlichen Quellen weniger bioverfügbar, weshalb eine gezielte Zufuhr notwendig ist.

• Vitamin D kann vom Hund nicht über Sonnenlicht synthetisiert werden – im Gegensatz zum Menschen. Es muss vollständig über die Nahrung gedeckt werden.

Die Parallele ist also klar: Sowohl beim Menschen als auch beim Hund ist eine rein pflanzliche Ernährung nur mit gezielter Supplementierung langfristig gesundheitlich vertretbar. 

Doch beim Hund ist die Abhängigkeit von bestimmten Nährstoffen noch ausgeprägter, da seine physiologischen Synthesefähigkeiten eingeschränkter sind. 

Eine vegane oder vegetarische Hundeernährung ist daher nicht nur technisch anspruchsvoll, sondern auch biologisch deutlich weiter von der natürlichen Ernährung entfernt als beim Menschen.

Warnhinweis: Lauch und andere Vertreter der Zwiebelgewächse (Allium-Arten) wie Zwiebeln, Knoblauch oder Schnittlauch gelten für Hunde als potenziell giftig. 

Bereits geringe Mengen – roh, gekocht oder getrocknet – können zu gesundheitlichen Problemen führen, insbesondere zu hämolytischer Anämie durch Schädigung der roten Blutkörperchen. 

Das gezeigte Bild dient der Illustration und ist nicht als Fütterungsempfehlung zu verstehen. Kein Lauch für Hunde!

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Hinweis: Die aufgeführten Nährstoffe und Informationen dienen ausschließlich der allgemeinen Orientierung und stellen keine vollständige oder individuelle Ernährungsberatung dar. 

Die Liste ist beispielhaft und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. 

Für eine fundierte Beurteilung der individuellen Ernährung eines Hundes ist Beratung durch eine Fachperson (Tierarzt/Ernährungsassistent Hund, Ernährungsberatung für Hunde) unerlässlich.

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Literaturverzeichnis

1. Domínguez-Oliva, A., Cardoso, B., & von Heimendahl, A. (2023). The Impact of Vegan Diets on Indicators of Health in Dogs and Cats: A Systematic Review. Veterinary Sciences, 10(1), 52. https://doi. org/10.3390/vetsci10010052

2. Case, L. P., Daristotle, L., Hayek, M. G., & Raasch, M. F. (2011). Canine and Feline Nutrition: A Resource for Companion Animal Professionals (3rd ed.). Elsevier Health Sciences.

3. Meyer, H., & Zentek, J. (2013). Ernährung des Hundes: Grundlagen – Fütterung – Diätetik (6. Aufl.). Enke Verlag.

Foto: Das Bild von meiner leider verstorbenen Dackelette Else ist mit Ki generiert, Petra Puderbach-Wiesmeth

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Tags: ratgeber